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Grundlagen: Wärme und Wärmeverluste

Wir sind in Deutschland und wenigstens in NRW ist das Wetter 8 Monate des Jahres irgendwie nicht sehr schön. Man mag das ganze Jahr über den Planeten retten oder doch wenigstens Peakoil entgehen wollen, aber in den 8 Monaten fragt man sich bei jedem Blick auf den Verbrauch, wo eigentlich die ganze schöne und teure Energie bleibt. Draußen, klar, aber wie kommt die dahin?

Unglücklicherweise ist die Sache nicht intuitiv zugänglich, aber wer sich im Internet umsieht, findet viel Kritik an den diversen EnEVs und fragt sich dann, ob ein Energieberater, der nach eben dieser Verordnung arbeitet, wirklich sein Geld wert ist. Auf dieser Seite möchte ich ein paar Grundlagen vermitteln, die mir geholfen haben, vieles selbst zu verstehen. Die Ergebnisse einfacher Berechnungen stimmen gut genug, dass große Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten klar zu erkennen sind, aber hier und da können sie schon mal um 50% an der Realität vorbeigehen, weil die Modelle zugunsten der einfachen Berechenbarkeit und der gewollten Schlechtrechnung von Altbauten eben nicht ganz realistisch sind und davon abgesehen viele Werte geschätzt werden müssen. Wer selbst rechnet, weiß aber, wo die Fehler liegen, wer rechnen läßt, nicht.

Grundlagen: Politische Physik

Alles geht schon mit einer Vereinfachung los, nämlich der, dass Wärme irgendwie eine Energieform ist, die jeden Stoff im Versuch, sich auszugleichen, durchdringt. In der Politik sind Strahlung und Wärmeleitung gleich, in der Physik nicht. Weiterhin kennt die politische Physik nur den stationären Zustand: Eine von der Sonne aufgeheizte Wand verhält sich nachts in Wahrheit anders als eine Wand, die nicht aufgeheizt wurde, was besonders in der Übergangszeit wichtig ist - doch die EnEV kennt weder Tag noch Nacht. Der Vorteil dieser Vereinfachungen ist, dass ein normaler Taschenrechner langt, um viele Ergebnisse zu erhalten, die immer noch eine Aussage machen. Es ist allerdings erschreckend, dass solche Milchmädchenrechnungen Basis von rechtlich bindenden Vorschriften sind und mitunter große Investitionen in energetische Sanierungen begründen, deren Ergebnis enttäuschen kann. Es ist wenig verwunderlich, dass die Details der Rechenvorschriften sich gelegentlich ändern und in Tests der Vergangenheit ermittelten verschiedene Programme verschiedene Werte. Auch das ist Politik, die Physik ist immer noch die Gleiche. Ich habe leider vergessen, welche EnEV ich zur Berechnung heranzog, sorry.

Also, Wärme möchte dahin, wo es kälter ist, bis sich der Temperaturunterschied ausgeglichen hat. Man kann das verzögern, aber ganz aufhalten kann man es nicht. Je größer der Temperaturunterschied ist, desto höher ist der Wärmefluß. Temperaturunterschiede werden in Kelvin gemessen (K, Formelzeichen dT). Der Unterschied zwischen 20 Grad Celsius und -10 Grad Celsius sind 30 Kelvin.

Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit gibt an, wie gut ein Material unabhängig von der Dicke die Wärme leitet und wird in Watt pro Meter und Kelvin (W/mK, Formelzeichen Lambda) angegeben. Kleine Werte stehen für schlechte Wärmeleitfähigkeit und sind typisch für Dämmstoffe. Es gibt endlose Tabellen von Werten für alle möglichen Baustoffe. Unglücklicherweise hängt die Wärmeleitfähigkeit vieler Dämmstoffe von der Temperatur ab. Ignoriert man es oder weiß es nicht mal, wird das Ergebnis schon wieder etwas falscher. Ansonsten liegt man mit dem Wert für die Mitte zwischen warm und kalt schon ganz gut, aber eins ist klar: Perfekt ist was Anderes.

Wärmedurchgangskoeffizient

Der Wärmedurchgangskoeffizient, auch U-Wert genannt, bezeichnet die Wärmeleitung eines Bauteils einer bestimmten Dicke und wird in Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m^2K, Formelzeichen U) angegeben. Manchmal wird auch der Kehrwert angegeben, der sich dann Wärmedurchgangswiderstand nennt und in Quadratmeter und Kelvin pro Watt (m^2K/W, Formelzeichen R) angegeben wird. Wenn man nur die Wärmeleitfähigkeit Lambda hat, dividiert man sie durch die Materialstärke und bekommt den U-Wert: U = Lambda / Dicke. Bei Bauteilen, die von Luft umgeben sind, gibt Mutter Natur uns noch einen Rabatt, weil die Grenzfläche zur Luft auch ein klein wenig dämmt. Dieser extra Widerstand hängt eigentlich von der Luftbewegung ab und da es um Strahlung geht, eigentlich auch von der Temperatur und dem Emissionsgrad des Baustoffs. Wenn dieser Widerstand in einer Rechnung wichtig ist, weil die Dämmung schlecht ist, wird das Ergebnis ziemlich unsicher. Schlecht gedämmte Häuser sind also schlechter zu berechnen und kühlen bei stürmischem Wind schneller aus.

Der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient bezieht sich anders als der normale Wärmedurchgangskoeffizient nicht auf die Fläche eines Bauteils, sondern auf seine Länge und wird in Watt pro Meter und Kelvin (W/mK, Formelzeichen Psi) angegeben. Er kommt besonders bei Wärmebrücken zum Einsatz, um den Verlust einer spezifischen Konstruktionsweise bezogen auf deren Länge anzugeben, der zusätzlich zu dem Wärmeverlust entsteht, der durch die Produkte von Flächen und deren U-Werten berechnet wird. Ein Beispiel: Bei Fenstern überdecken sich Rahmen und Glas. Eine größere Überdeckung verändert nicht die Flächenanteile von Rahmen und Glas, aber der Einfluss der Wärmebrücke durch den Abstandshalter der Scheiben wird verringert. Der Psi-Wert gibt den Verlust durch diese Wärmebrücke pro Meter Rahmen an.

Mehrschichtige Bauteile

Manche Bauteile bestehen aus mehr als einem Material, z.B. eine Wand: Innen verputzt, dann Mauerwerk, außen Klinker. So werden U-Werte mehrschichtiger Bauteile berechnet: Ugesamt = 1/(1/U1 + 1/U2 + ...). Dabei muß man aber stets den Taupunkt beachten, denn die Temperatur fällt im Winter in der Wand von innen nach außen ab und wenn dort, wo der Taupunkt in der Wand erreicht wird, auch nur kleinste Mengen Wasserdampf hinkommen können, dann wird es nass und schimmelt bald. Zudem steigt durch das Wasser die Wärmeleitfähigkeit und das Problem vergrößert sich von selbst.

Rohre sind ein Sonderfall, weil sich deren Oberfläche mit dickerer Dämmung vergrößert: U = 2 * pi * Lambda * dT / ln(Außendurchmesser Dämmung / Außendurchmesser Rohr). Wie man sieht, geht Lambda voll ein, d.h. bessere Dämmstoffe bringen direkt mehr, aber dickere Dämmung geht nur logarithmisch ein und bringt nicht so viel mehr.

Unbekannte Bauteile

Für um die 20 Euro bekommt man inzwischen einfache IR-Thermometer, die für den Hausgebrauch ausreichen, um Wärmebrücken zu finden oder den U-Wert unbekannter Bauteile auszumessen: U = (Ti - Toi) / (0,13 W/m^2K * (Ti - Ta)) mit Ti = Temperatur innen, Ta = Temperatur außen und Toi = Temperatur Wandoberfläche innen. Diese Faustformel gibt zumindest eine Idee, womit man es zu tun hat und funktioniert auch bei der Kontrolle von errechneten U-Werten halbwegs. Davon abgesehen sind IR-Thermometer wirklich wunderbare Spielzeuge, um alles Mögliche zu messen.

Jährlicher Verlust

Den Verlust in Watt (W) bekommt man, wenn man den U-Wert mit der entsprechenden Fläche des Bauteils (bei Rohren mit der Länge) und dem Temperaturunterschied multipliziert. Die Energie ergibt sich dann daraus, wie lange das so ist, d.h. ein Verlust von 100 W über die Zeit eines Jahres (365 Tage a 24 h) kostet 100 W * 365 * 24 h = 876000 Wh = 876 kWh. Wenn dafür Strom zu 20 Cent die Kilowattstunde gebraucht wurde, verliert man im Jahr 175,20 EUR. Realistisch könnten das auch 90 EUR oder 260 EUR sein, wenn das Modell halt einen Fehler von 50% hatte, aber immerhin hat man überhaupt eine Idee. So ist das nunmal.

Trotzdem ist es interessant, ob es um 10 EUR, 100 EUR oder 1000 EUR geht, und das kann man mit diesen paar Grundlagen ohne fremde Hilfe herausfinden.